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Väterzeit!

Auch für Väter lohnt sich eine ausgedehnte Elternzeit!

Beeinflusst von vielen Begegnungen mit Menschen, die mich entsetzt oder zumindest unverständlich ansehen, wenn ich ihnen gegenüber erwähne, dass ich annähernd gleich viele Monate Elternzeit nehme, wie meine Frau und von den bisher schon unzähligen, wundervollen Momenten mit unserer eigenen Tochter, wollte ich hier einmal ein Statement setzen.

Männer, vorallem die unter euch, die auch bald das Glück des Vaterwerdens erleben werdet: Nehmt das Angebot von Vaterstaat an und nutzt die gesetzliche Möglichkeit euch an der Entwicklung eurer Kinder schon in den ersten Monaten zu erfreuen. Die Zeit ist kostbar und kommt nie wieder!

Viele angehende Väter sind irgendwann mit der Frage konfrontiert: „Wie plane ich meine Elternzeit?“ Mit dieser Frage gehen viele Dinge einher:

  1.  Der eigene Anspruch (möchte ich überhaupt in Elternzeit gehen und wenn ja, wie lange?)
  2. Was erwartet meine Partnerin von mir? (Gleichberechtigung oder klassische Rollenverteilung?)
  3. Was können (und wollen!) wir uns als Paar leisten?

Die meisten in meinem Umfeld haben das 12+2 Modell gewählt, wobei überwiegend die Frauen 12 Monate und die Männer 2 Monate Elternzeit genommen haben. Die Gründe hierbei sind vielfältig und ich möchte betonen, dass ich sie respektiere! Gerade der finanzielle Aspekt (Punkt 3), wenn gleich zwei Vollzeitgehälter wegfallen, der Immobilienkredit, die Miete, das Auto und die sonstigen Kosten weiter bedient werden wollen.

Punkt 1 und 2 sind sehr persönlich und teilweise von eingefahrenen Mustern geprägt. Mir zum Beispiel wurde von mehreren (männlichen) Arbeitskollegen entgegengebracht, dass man „mit so nem kleinen Wurm doch eh noch nichts anfangen könnte.“ Oder besser noch: „Du wirst froh sein, wenn du dich im Büro von all dem Stress erholen kannst!“

Diesen beiden Sätzen kann ich nun bereits schon widersprechen! Schon die ersten Wochen unserer gemeinsamen Elternzeit zu Hause waren magisch und ich möchte sie nicht missen. Ok, fair enough, die ersten 4 Wochen nehmen auch noch viele Herren der Schöpfung frei. Da ist man aber noch so viel mit Ein- bzw. Umgewöhnen, organisieren, Papierkram und Familienbesuchen beschäftigt, dass man kaum ins Genießen kommt.

Als ich die nächsten zwei Monate wieder arbeiten gegangen bin, fiel es mir schwer meine beiden Mädels morgen alleine zu lassen. Wenn ich dann spät am Nachmittag nach Hause kam, stellte ich mit Bedauern fest, dass Otti sich doch ziemlich deutlich zu Mary hingezogen fühlte und sich auch ultimativ nur von ihr beruhigen ließ.

Das änderte sich dann wieder schlagartig in der einen Woche vor unserer Abreise. Die Vorbereitungswoche haben wir (Otti & ich) genutzt um uns wieder näher zu kommen. Otti bemerkte, dass ich nicht erst gegen frühen Abend nach Hause kam und freute sich morgens darüber mich auch zu haben. Die Einschlafsituation, bzw. das Beruhigen bei Unbehagen stellte sich auch sehr schnell um, sodass ich auch wieder in der Lage war ihr zu helfen. Das fühlt sich gleich viel besser an und man ist nicht mehr so hilflos. Auch für Mary war das eine deutliche Erleichterung, denn es blieb nicht immer an ihr hängen unsere kleine Otti zu beruhigen. Auch abseits von den unruhigen Momenten war es für Mary eine Wohltat sich auch mal wieder um die eigenen Belange kümmern zu können und nicht nur um die unserer Tochter. Ich glaube das ist ein Schlüssel der langfristig dafür Sorge tragen wird, dass wir weiterhin eine harmonische und liebevolle Ehe und Beziehung führen werden.

Jetzt mit etwas Abstand zum Alltag, ganz auf uns drei fokussiert, ist es nochmal ganz anders! Wir genießen jeden morgen gemeinsam auszuschlafen, im Bett noch etwas zu kuscheln, in aller Ruhe aufzustehen und mit einer interessierten Otti auf dem Arm das Frühstück vorzubereiten. Dann starten wir los ins tägliche Abenteuer, nutzen meistens ihre erste Schlafphase um an unser Ziel zu gelangen und verbringen den ganzen Tag zu dritt.

Natürlich kann ich mit Otti noch nicht Ballspielen, Sandburgen bauen, oder mich hochtrabend mit ihr unterhalten. Ich kann aber für sie da sein, sie herumtragen, ihr etwas erzählen oder auch zeigen, ihr meine Finger zur Verfügung stellen, damit sie daran greifen üben oder einfach nur herumlöllern kann, mich an ihrem Lächeln erfreuen, sie fliegen lassen, Bauch-Fuß und sonstige Pupse an ihr ausführen, um sie zum Lachen zu bringen, ihr einfach meine Liebe und Zeit schenken!

Heute zum Beispiel hat Otti ihre Zunge entdeckt. Obwohl schon ständig im Gebrauch, fing sie heute ständig an ihre Zunge raus zu strecken, untermalt von herzlichem Gegacker! Überhaupt die vielen kleinen Momente, in denen wir zusammen rumalbern, lachen, kuscheln, oder neue Dinge gemeinsam erleben. Ich möchte keinen einzelnen Moment davon missen! Schon jetzt mit 4 Monaten geht uns alles zu schnell und wir wollen am liebsten die Zeit anhalten, aber das geht nicht. Die einzige Lösung war es daher für uns einen großen Teil unserer Elternzeit, fernab häuslicher Verpflichtungen zu verbringen und als Familie zusammen zu wachsen. Aus jetziger Sicht eine der sinnvollsten Entscheidungen meines Lebens!

Bin mal gespannt, ob ich das nach dem Sommer auch noch sage, in dem ich dann alleine das Vergnügen haben werde. Der letzte Tag, an dem ich einspringen musste, da Mary einen Arzttermin hatte, habe ich ihr mittags, oben ohne (es war Winter!) die Tür auf gemacht, hatte noch keine Zähne geputzt, noch keinen Kaffee getrunken oder geschweige denn etwas im Haushalt erledigt. Das war der Knaller und die Situation zaubert mir immer noch ein Lächeln ins Gesicht. Ich wusste zwar schon immer zu schätzen was Elternteile leisten, die alleine zu Hause sind, aber der Tag hat’s nochmal richtig auf den Punkt gebracht!

Ja, es stehen uns noch viele Monate Elternzeit bevor und das Fazit könnte daher etwas früh daherkommen. Falls sich meine Meinung ändern sollte, werde ich es euch in einem weiteren Beitrag wissen lassen. Stand jetzt ist: Scheiße bin ich froh, dass es so etwas wie Elternzeit in Deutschland gibt! Man arbeitet sein ganzes Leben, baut sich vielleicht eine tolle Kariere auf, um dann in Rente zu gehen und zu sagen „Man, was war ich für ein toller Hengst!? Nur schade, dass ich meine Kinder hab‘ nicht aufwachsen sehen.“ An diesen Punkt wollte ich nie kommen. Fairerweise muss man an diesem Punkt erwähnen, dass die Generationen vor uns nicht die Möglichkeiten wie wir hatten. Wir haben diese Möglichkeit aber, daher kann ich nur jedem Empfehlen diese zu ergreifen! Man(n) wird es nicht bereuen!